Quantcast
Channel: spackblog
Viewing all articles
Browse latest Browse all 48

Wie viel verdient man eigentlich als Freiberufler?

$
0
0

Wenn man Freiberufler ist oder Selbstständiger, dann ist es immer höchst schwierig, herauszufinden, wie viel man eigentlich verdient hat. Aus dem Grund schere ich mich nicht groß darum, solange die Konten gut gefüllt bleiben. Aber manchmal muss man sein Einkommen benennen und dann ist man oft ziemlich am Arsch, weil diejenigen, die das taxieren, das meistens sehr unsauber handhaben. Das liegt unter anderem an folgenden Umständen:

a) Wer naiv an die Sache dran geht, zieht vom in der Steuererklärung angegebenen Gewinn den (hoffentlich wenigstens) dazu passenden Steuersatz ab und teilt das Ergebnis durch 12. Wer es sich besonders leicht macht, zieht einfach aus Unkenntnis der Steuerprogression irgendeinen, viel höheren Steuersatz ab, das habe ich selber schon erlebt. Wenn man das macht, wird man sich wundern, wie man im Leben denn bislang klar gekommen ist. Warum? Man gibt einen Haufen Geld genau dafür aus, dass diese Zahl möglichst gering ausfällt (Steuerberater, teure Anschaffungen inkl. jahrelanger Abschreibungen etc.).

b) Mindestens sollte man also die in der BWA (Betriebswirtschaftliche Abrechnung, die der Steuerberater regelmäßig erstellt) aufgelisteten Abschreibungen diesem Betrag wieder zurechnen, weil man Abschreibungen ja gerade nicht bezahlt hat, sondern sie lediglich kalkulatorisch im zu versteuernden Betrag berücksichtigt. Wenn man etwa einen bar bezahlten Dienstwagen abschreibt, ist das ein ordentlicher Batzen Steuererleichterung über mehrere Jahre, das Geld ist aber zu einem früheren Zeitpunkt längst abgeflossen und belastet das real verfügbare Einkommen gerade nicht mehr.

c) Dann hat man in der BWA noch einen Posten sonstiges. Dort sind alle möglichen Ausgaben berücksichtigt, die man von der Steuer absetzt und nicht über einen längeren Zeitraum abschreibt. Da ist also tatsächlich Geld geflossen, also Sachen wie Miet- und Nebenkostenanteil für das Büro, Telefon, Internet, der Steuerberater, Geschäftsessen, you name it. Da kommt wirklich einiges zusammen, was man als Angestellter von seinem Nettoeinkommen bezahlen muss und das man deswegen in einer realistischen Betrachtung für Freiberufler und Selbstständige wieder herausrechnen müsste. Das Problem ist, dass man nicht genau weiß, wie viel denn letztlich. Also wenn man sich nicht die Mühe macht, jeden Posten einzeln anzufassen und zu bewerten. Insofern ist es schon okay, diesen Posten erst mal so stehen zu lassen und die Sache an anderer Stelle zu berücksichtigen.

Nun sieht das Ergebnis schon wesentlich realistischer aus und deckt sich auch vermutlich eher mit dem erlebten Einkommen. Es geht aber noch weiter, denn Finanzberater fangen jetzt gerne mal an, der Einfachheit halber Pauschalen für Lebenshaltung und Nebenkosten anzusetzen.

d) Wenn man den Posten sonstiges weiter oben erst mal so stehen gelassen und voll vom Einkommen abgezogen hat, stimmt hier nämlich die Pauschale nicht, die man für Angestellte üblicherweise ansetzt, weil man dann in sonstiges bereits enthaltene Kosten hier nochmal ansetzen würde. Das gilt ganz offensichtlich für so Sachen wie Telefon, Internet, Mobilfunk, Energiekostenanteile, Mietkostenanteile, Mobilitätskosten (Auto, Monatskarten) und all diese Sachen, die man so von der Steuer absetzt. Man muss also entweder hier eine deutlich geringere und Freiberuflern angemessene Pauschale ansetzen oder eben oben eine Kompensation im Posten sonstiges berücksichtigen. Oder solche Pauschalrechnungen korrekterweise ganz bleiben lassen.

Leider kommen die wenigsten potenziellen Vermieter und Finanzberater mit diesen Umständen klar und vereinfachen sich die Sache unzulässig, meistens wie in a) beschrieben. Und dann bekommt man die Wohnung eben nicht oder den Kredit oder was auch immer, weil es dann so aussieht, als würde man nur die Hälfte eines Angestellten verdienen und krass am Hungertuch nagen. Fragt mal bei Selbstständigen und Freiberuflern im Bekanntenkreis herum, die nicht qua Gebührenordnung im Geld schwimmen und Kunden bei auf ihren Berufsstand spezialisierten Finanzinstituten sind. Die haben alle so ihre Geschichten.

Mir hat mal einer erzählt, dass er eine unerwartete und kurzfristige Umsatzsteuernachzahlung im mittleren vierstelligen Bereich hatte (war mündlich mit dem Finanzamt anders besprochen, ein guter Grund übrigens für einen Steuerberater). Damit war die kurzfristige Finanzplanung komplett überfordert und die Bank hat alle weiteren Einnahmen auf dem Konto erst mal behalten. Die Bank war aber auch nicht bereit, ihrem langjährigen Kunden aus diesem Liquiditätsengpass mit dem Einräumen einer entsprechenden Kreditlinie auszuhelfen. Im Ergebnis war derjenige eine Weile faktisch zahlungsunfähig, bis das Defizit aus eigener Kraft wieder ausgeglichen war. Gut, wenn man dann irgendwo Rücklagen auflösen kann.

Die Geschichte bestätigt mir zwei Punkte, die ich von Anfang an eisern durchziehe: Erstens braucht man einen Steuerberater und wenn die Einnahmen das nicht zulassen, weil der alles andere als umsonst arbeitet, sollte man was anderes machen. Punkt. Zweitens muss man seine mögliche Steuerschuld immer flüssig haben. Ich betreibe dazu ein Tagesgeldkonto und lege dort von jedem Zahlungseingang die Umsatzsteuer und einen gut gepolsterten Einkommenssteueranteil drauf. Wenn dann USt und ESt fällig werden, wird das zu viel zurückgelegte Geld frei und ich kann mich über einen unverhofften Bonus freuen. Nebeneffekt ist, dass man immer einen gewissen Batzen Geld sofort griffbereit herumliegen hat, mit dem man notfalls kurzfristige Liquiditätsengpässe beseitigen kann. Das will man eigentlich vermeiden, denn das Geld wird halt auch irgendwann fällig, aber wenn es einen mal hart trifft, ist man nicht gleich zahlungsunfähig und hat eine ganze Weile Zeit, das wieder aufzufüllen. Und wenn da stets fünfstellige Beträge herumliegen, ist eine Bank zudem durchaus mal eher bereit, einem passende Kreditlinien einzuräumen. Wer Geld hat, hat keine Geldprobleme (außer zu geringen Anlagezinsen).

Ach ja, es gibt noch einen weiteren ungünstigen Effekt, der auftritt, wenn jemand nur ein einzelnes Wirtschaftsjahr betrachtet, was häufig vorkommt: Bei mir und vermutlich vielen anderen Leute ist es so, dass ich zum Jahresende noch mal einen Haufen größere Rechnungen stelle und nicht alle davon werden noch im gleichen Jahr bezahlt, was für meine Steuerschuld in dem Jahr natürlich günstig ist. So schwankt das Jahreseinkommen teilweise um einen nicht geringen zweistelligen Prozentanteil. Man muss bei Leuten wie mir, die nur wenige große Rechnungen im Jahr stellen, also eigentlich immer mehrere Jahre betrachten, um zu einem in beide Richtungen halbwegs passenden Ergebnis zu kommen. Das wiederum nivelliert mittelfristige Einkommensveränderungen recht deutlich raus, was die Bewertung auch wieder verkompliziert.

Wenn ich also jemanden taxieren müsste, würde ich aktuelle BWAs hernehmen und damit schauen, was zuletzt so passiert ist. Dann würde ich mir die Abschluss-BWAs der letzten Jahre ansehen und schauen, wie stark die schwanken und ob es da einen klaren Trend gibt. Und dann würde ich mit demjenigen sprechen, wie er diese Schwankungen und Trends plausibel erklären kann. Denn sehr oft gibt es sehr gute Gründe für größere Schwankungen, etwa einen Autokauf, größere Forderungsausfälle außer der Reihe, einzelne besonders gut bezahlte Aufträge und solche Sachen. Erst damit kann ich eine halbwegs verlässliche Abschätzung über den Status Quo und die nahe Zukunft treffen.

P.S. Ich habe mein Geschäftskonto genau einmal am Anfang meiner freiberuflichen Tätigkeit für ein paar Tage überzogen, weil ich verpennt hatte, die fällige USt rechtzeitig vom Tagesgeldkonto zurückzuholen. Seitdem bimmelt es in meinem Kalender rechtzeitig, bevor die USt einmal im Quartal abgebucht wird. Zu der Zeit musste ich aber auch immer mal wieder auf meine Steuerrücklagen zurückgreifen, weil manche Kunden sich gerne mal ein paar Wochen länger Zeit nehmen, Rechnungen zu begleichen. Eine Lehre, die ich daraus gezogen habe, ist das eiserne Pochen auf Einhaltung des vereinbarten Zahlungsziels. Und wenn ein Kunde das mehrmals deutlich reißt, kündige ich die Zusammenarbeit auf, egal wie gut der Kunde letztlich ist. Wenn es nur eine Rechnung ist, stelle ich weitere Arbeiten so lange ein, bis sie bezahlt ist, egal wie wichtig das Tagesgeschäft gerade ist. Das ist manchmal hart, aber schützt einen vor größerem Ärger und ich möchte auch einfach nicht mit Kunden zusammenarbeiten, die nicht zügig und regelmäßig bezahlen. Und ich lasse mir auch keine nachträglichen Ausreden mehr gefallen. Wenn die Buchhaltung überfordert oder im Urlaub ist, dann muss ein ordentlicher Geschäftsbetrieb trotzdem möglich sein und genau für solche Fälle räume ich ja bereits mehrere Wochen Zahlungsziel ein. Ich trete in der Regel mit meiner Arbeit in Vorleistung und das ist auch okay so, aber dann muss auch das Geld nach Abschluss des Projekts zügig fließen.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 48